Genießt Truvada auch in Deutschland den vollen Patentschutz oder dürfen Generika vertrieben werden? Diese Frage hat das Landgericht München zunächst zu Gunsten der Arzneimittelhersteller entschieden, die deutschlandweit Generikaprodukte vertreiben möchten. Bei Truvada handelt es sich um ein HIV-Medikament, das 2016 erstmals als präventives Mittel zugelassen wurde. Im Fachhjargon ist in diesem Kontext von einer Prä-Expositions-Prophylaxe die Rede, was nach Ansicht vieler Mediziner einen wichtigen Baustein im Kampf gegen AIDS darstellt. Eine Packung mit einer monatlichen Ration Truvada kostete bei Einführung 820 Euro, weshalb sich die Frage nach dem Patentschutz auch aus gesundheitspolitischen Gründen stellt. Hintergrund ist dabei, dass die Generika naturgemäß deutlich günstiger angeboten werden und damit ein breiterer Zugang zu dem Arzneimittel besteht.
Vor dem Landgericht München hatte der US-amerikanische Pharmakonzern Gilead geklagt und wollte eine einstweilige Verfügung gegen Aliud, Betapharm, Hexal, Hormosan, Mylan dura, TAD und Zentiva erwirken. Es geht dabei nicht um das Grundpatent, für das der Patentschutz bereits seit Ende Juli ausgelaufen ist, sondern um ein Schutzzertifikat, das den ursprünglichen Patentschutz ergänzt. Dieses ist bis 2020 gültig, scheint jedoch nicht für einen vollen Patentschutz auszureichen.
Vorangegangen war ein Urteil des Bundespatentgerichts, das die Einschätzung vertritt, dass das Schutzpatent keine Rechtsbeständigkeit besitzt. Als Begründung wurde vorgebracht, dass die Wirkstoffkombination von Truvada im Grundpatent nicht geschützt wurde und dies daher auch nicht für das ergänzende Patent gelten könne. Bei Truvada werden Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil miteinander kombiniert. Den Patentschutz genießt bzw. genoss jedoch lediglich letztere Substanz.
Besonders interessant ist das Patentrecht-Urteil von München auch vor dem Hintergrund verschiedener ausstehender EuGH-Entscheidungen. So hatte der britische High Court of Justice die Entscheidung bereits nach Europa verwiesen. Des Weiteren laufen aktuell Nichtigkeitsklagen von vier Generikaherstellern, die vor das Bundespatentgericht gezogen sind.
Die Bedeutung eines rechtsgültigen Urteils resultiert nicht nur aus der Wichtigkeit des Medikaments, das derzeit als einziges in der HIV-Prävention zugelassen ist, sondern letztlich auch in den hohen Summen, um die es dabei geht.
Quelle: Juve.de